Die aufgrund von Strommangellage, Inflations- und Rezessionsängsten sowie atomaren Drohkulissen weiter akzentuierte Krisenperspektive belastet die Reputation der Schweizer Wirtschaft auch im dritten Quartal 2022 deutlich: Der SERX verliert 1.5 Indexpunkte und liegt neu bei 101.6 Punkten
Die aktuellen Reputationsverluste sind – wie schon im 2Q2022 – auf das verschlechterte wirtschaftliche Meinungsklima zurückzuführen und gehen vollumfänglich zu Lasten der Realwirtschaft, hierin insbesondere des Energiesektors. Demgegenüber konnte die Finanzwirtschaft – trotz des sich akzentuierenden Existenzkampfes der Credit Suisse – ihre Reputation dank meist überzeugenden Halbjahresbilanzen der Versicherer und Nationalen Banken behaupten.
Der Energiesektor verzeichnete aufgrund der Strommangellage, vor allem aber aufgrund des für Axpo aufgespannten staatlichen Rettungsschirms zur «temporären Liquiditätsunterstützung» den deutlich grössten relativen Resonanzanstieg sämtlicher Sektoren im 3Q2022. Damit einher geht ein substan-zieller Reputationsverlust («Hat sich die Axpo verzockt?» – NZZ 17.9.2022). Das Bild einer «kranken Strombranche» (AZ 13.7.2022) wird zusätzlich durch die – trotz Umsatzexplosion – grossen Halbjahresverluste bei Alpiq unterstrichen. Positiv heraus sticht demgegenüber die BKW dank guten Halbjahres-zahlen und der Ankündigung, den staatlichen Rettungsschirm nicht beanspruchen zu wollen.
An der Spitze des Sektor-Rankings kommt es zum Zusammenschluss von Bau & Immobilien, Life Science, Versicherer und Maschinenindustrie. Aufgrund rückläufiger Margen durch Probleme in den Lieferketten muss insb. die Maschinenindustrie erneut kräftige Reputationsverluste hinnehmen. Trotz kolportiertem «Durchbruch» in der Alzheimer-Forschung und wohlwollend rezipiertem CEO-Wechsel bei Roche («Roches neuer CEO ist ein Bekenntnis» – FuW 21.7.2022) verliert auch Life Science leicht an positivem Impact, dies insbesondere wegen Novartis (2Q2022-Resultate, Todesfälle nach Novartis-Gentherapie, Weko-Untersuchung wegen Patentmissbrauch).
Zu den Reputationsverlierern im 3Q2022 gehören – neben dem Energiesektor und der Maschinenindustrie – auch die Dienstleistungs- und Technologiebranche (rückläufige Gewinnmargen) sowie die Krankenversicherer (Helsana: skandalisierte Kooperation mit Abtreibungsgegnern; CSS: Finma-Verfügung zur Prämienrückzahlung aus Zusatzversicherungen).
Die mit Abstand stärksten Reputationsgewinne im 3Q2022 verzeichneten die Nationalen Banken. Vor allem dank der stark verbesserten Reputation der Post, konnte der Sektor Verkehr & Logistik seine seit Ende 2018 anhaltende Aufholjagd fortsetzen. Schliesslich konnte die Rohstoff-Branche, von hohen Rohstoffpreisen in Form von (mehrheitlich) positiv rezipierten Bilanzzahlen profitieren. Diese «Übergewinne» sind aber auch regelmässig Anstoss für moralische Kritik an die Adresse des Sektors.
Zur Publikation:
SERX – Swiss Economy Reputation Index 3. Quartal 2022
SERX – Swiss Economy Reputation Index
Der aus 157 Unternehmen der Privatwirtschaft und staatsnahen Betrieben gebildete Reputationsindex Schweizer Wirtschaft (SERX) zeigt auf konsolidierter Basis, wie sich die öffentliche Wahrnehmung der Schweizer Wirtschaft und ihrer zentralen Sektoren über die Zeit entwickelt. Aufgrund der sedimentierten Verrechnungsweise (Sedimented Reputation Index®) und der breiten, auf Tagesbasis ermittelten Bewertungsgrundlage (pro Tag werden auf sedimentierter Basis durchschnittlich rund 20’000 reputationsrelevante öffentliche Beiträge verrechnet) ist der SERX ein valider Indikator für die öffentliche Akzeptanz der Schweizer Wirtschaft und ihrer zentralen Sektoren.