Für den Spendenreport 2022 analysiert commsLAB im Auftrag von Swissfundraising und der Stiftung Zewo die Reputationsentwicklung sowie die zentralen Reputationstreiber der Branche der Hilfswerke und NPO. Unten findet sich als Auszug des Reports das Fazit. Die gesamte Analyse ist abrufbar unter zewo.ch.

Reputation entsteht aus dem Erfüllen bzw. dem Nicht-Erfüllen verschiedener sich wandelnder Erwartungen. Gleichzeitig ist Reputation zentral an (mediale) Kommunikation gekoppelt, die kontinuierlich aufrechterhalten und gepflegt werden muss.

Der Reputation-Monitor für den Spendenreport 2022 hat gezeigt, dass die Branche der Hilfswerke und NPO über eine intakte Reputation verfügt, d.h., dass sie die in sie gesetzten Erwartungen grundsätzlich erfüllt. Dass sich die Reputationswerte der Hilfswerkbranche dabei regelhaft um die Nullachse bewegen, also eine insgesamt ausgewogene öffentliche Wahrnehmung vorherrscht, ist angesichts der vorherrschenden kritischen Grosswetterlage, durchaus als positiv zu werten. Hohe bis sehr hohe Reputationswerte müssen denn auch stets wieder von neuem bestätigt werden, was angesichts von nur bedingt selber beeinflussbaren Faktoren in der öffentlichen Wahrnehmung oftmals nur sehr schwer zu erreichen ist.

Reputation Hilfswerke

Die Abbildung zeigt die sedimentierte Reputationsentwicklung (SRI®) der Branche der Hilfswerke und NPO (goldene Kurve). Im Kasten ist der SRI®-Schlusswert der Hilfswerkbranche per 30.06.2022 ausgewiesen. Der SRI® kann maximal die Werte +100 bis -100 annehmen. Die grauen Balken zeigen die reputationsrelevante Thematisierungsstärke der Branche pro Monat. Pro Quartal werden die jeweils wichtigsten Kommunikationsereignisse ausgewiesen..

Die öffentliche Wahrnehmung der Hilfswerkbranche zentrierte sich in der Untersuchungsperiode, das heisst zwischen Juli 2021 und Juni 2022, um zwei politische Grossereignisse. Es ist dies einerseits die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im Sommer 2021, andererseits der im Frühling 2022 ausgebrochene Ukraine-Krieg. Dabei hat sich insbesondere der Umgang mit den Ukraine-Flüchtlingen als positiver Reputationstreiber für die Branche erwiesen. Positiv gewürdigt wurde vor allem die Aufnahme und Platzierung ukrainischer Flüchtlinge im Rahmen des Gastfamilienprogramms sowie die schnelle und aktive Präsenz der Schweizerischen Flüchtlingshilfe.

Während über die Tätigkeit der Hilfswerke nach der Machtübernahme der Taliban grösstenteils deskriptiv, das heisst ohne explizite Bewertung der Branche berichtet wurde, wirkten sich Beschwerden von Umweltorganisationen bei Infrastrukturprojekten mehrheitlich negativ aus. Galten die Umweltorganisationen bisher als progressive Kräfte, die für den Schutz der Umwelt und eine nachhaltigere Energie (Energiewende) einstanden, gehen vom vor allem von rechts-bürgerlicher Seite bewirtschafteten «Verhinderer»-Image nun zunehmend negative Reputationseffekte aus.

Regularitäten der Reputationskonstitution

Zusammenfassend lassen sich folgende Regularitäten der Reputationskonstitution für die Hilfswerkbranche festhalten:

  • Positive Reputationseffekte stellen sich meist dann ein, wenn die Branche ihre Problemlösungskompetenz in konkreter Weise unter Beweis stellen kann: Je stärker gesellschaftliche Probleme (meist im Kontext politischer Krisenereignisse) in den Fokus der Öffentlichkeit gelangen, desto klarer zeigt sich die Wichtigkeit privater Hilfsorganisationen (neben der öffentlichen Hilfe) als wichtiger Bestandteil gesellschaftlicher Selbstregulierung. Von dieser Problemlösungskompetenz abhängig ist nicht nur das Spendenaufkommen, sondern auch die Legitimation der Hilfswerke ist damit zentral verknüpft. Beispiele dafür sind die Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen, aber auch die Hilfeleistungen während der Pandemie.
  • Positive Effekte erzielen die Organisationen zudem dann, wenn mit den Aktivitäten an die humanitäre Tradition der Schweiz angeknüpft werden kann. Hier profitiert die Reputation der Branche vom tradierten Image einer humanitären Schweiz.
  • Reputationsfördernd und profilschärfend wirken sich schliesslich Aktivitäten aus, die ihre Wirkung vor allem in der Schweiz selber entfalten.
  • Dagegen ist eine Politisierung der öffentlichen Debatte regelhaft mit starken Reputationsrisiken verbunden, da damit auch Governance-Fragen der Hilfswerke problematisiert werden. Eindrücklich zeigte sich dies im Rahmen der Debatte über die Konzernverantwortungsinitiative. Einer starken Politisierung unterliegen die Hilfswerke aber auch in Fragen des Nahostkonflikts oder der Energie- und Umweltpolitik.

Der vollständige Spendenreport ist abrufbar unter: https://zewo.ch/de/der-spendenreport/